Lieber Herr Hasse!
Vielen Dank für die überaus schnelle mich beschämende13 Antwort, die mich brennend interessiert hat. Ich habe deshalb sofort meinen Beweis aufgeschrieben und sende ihn Ihnen in allen Einzelheiten.14 Nun zu den einzelnen Punkten Ihres Briefes:
Darf ich Sie noch um Entschuldigung bitten wegen meiner schlechten Schrift aber ich beeile mich, damit es rasch geht. Darf ich bald Ihre Antwort über Furtwängler erhoffen, damit ich noch vor Semesterschluss die Sache im Kolleg behandeln kann?
Mit vielen Grüssen und Empfehlungen an Frau Gemahlin
Ihr Artin
Können Sie
= 1 auch beweisen?
Das wäre sehr schön!23
Beilage zum Brief Nr. 9:
1.) k sei ein gegebener Grundkörper, K ein gegebener relativ Abelscher Oberkörper
mit Gruppe . Ist
ein Primideal das nicht in der R[elativ]d[iskriminante] von
K/k aufgeht und
ein Primteiler von
in K, so gibt es genau eine
Subst[itution]
aus
von der Art, dass für alle ganzen Zahlen A aus K
gilt:24
![]() | (1) |
wobei unter N immer Absolutnorm von k in bezug auf R = Körper der rationalen
Zahlen verstanden wird. Ersetzt man den Primteiler durch den konjugierten
, so ist
zu ersetzen durch
-1. Da G abelsch ist, gilt also (1) bei festem
für alle Primteiler
von
, also auch mod
. Für alle ganzen A aus K gilt
also:
![]() | (2) |
Die Substitution und das Primideal
mögen als einander zugeordnet bezeichnet
werden. Bekanntlich ist
eine Erzeugende der Zerlegungsgruppe von
, dadurch
ist aber
nicht umgekehrt gekennzeichnet, da man ja als Erzeugende noch
gewisse Potenzen von
nehmen kann. Haben die Primteiler
von
den Relativgrad f, so hat also
die Ordnung f, da f die Ordnung der
Zerlegungsgruppe ist.
Sei eine Untergruppe von
und K0 der zu
gehörige Unterkörper von K.
Die Gruppe von K0 ist dann die Faktorgruppe
/
. Da (2) für alle Zahlen von K
gilt, so erst recht für alle aus K0. Dann aber kann man, da
(A0) = A0
ist25 , auch
an
Stelle von
26
verwenden. Gehört also
in K zu
, dann in K0 zu
. Speziell folgt daraus
(f = 1):
In K0 zerfällt genau dann in lauter Pr[im]id[eale] ersten Rel[ativ]gr[ades],
wenn die in K zu
gehörige Substitution
zu
gehört.
Sei jetzt K' ein relativ zu k in bezug auf K fremder Abelscher Körper mit
Gruppe '. Die Gruppe des komp[onierten] Körpers KK' ist direktes Produkt
.
'.27
Gehört nun
in KK' zu
', und bildet man in KK' die Gleichung (2), wobei
aber A nur aus K entnommen ist, so folgt aus
'(A) = A, dass
in K zu
und
analog in K' zu
' gehört.
Sei eine primitive m-te Einheitswurzel. Setze K = k(
). Gehört
(teilerfremd zu m) in K zu
, so gilt insbesondere
N
(mod
)
also:
=
N
. Demnach
= (
N
). Soll
in K in Pr[im]id[eale] 1. Grades
zerfallen, muss
= 1, also N
1 (mod m) sein. Also ist K der Klassenkörper
für den Strahl:
Sei K0 Unterkörper des Kreiskörpers K = k() gehörig zur Gruppe
. Die
Restgruppe der die Subst[itutionen] aus
entsprechen heisse auch
. Die zu
in
irgend einem der beiden Sinne gehörigen Pr[im]id[eale] aus k und nur diese
zerfallen in K0 in Pr[im]id[eale] 1. Gr[ades]. Also ist K0 Klassenkörper für
Restgruppe
. Gehört
in K zu
, so in K0 zu
.
kann auch als
Nebengruppe von Restgruppe
aufgefasst werden und ist dann gerade die, in der
liegt. Also wieder eineindeutige Zuordnung von Klassen und Galoisgruppe. Da
in K isomorph, so auch in K0 (Faktorgruppen).
Das bisherige kann auch so ausgesprochen werden: das Rez[iprozitäts]ges[etz] gilt für alle Klassenkörper von k die zu einer Klasseneinteilung der Idealnormen (absolute) von k in Restklassen gehören, da diese gerade die relativen Kreiskörper sind, wie ja auch aus dem Beweise hervorgeht.
Sei jetzt wieder K ein beliebiger relativ Abelscher Körper über k und Klassenkörper für eine Klassenteilung die kurz die Klassenteilung für K genannt werde.
Hilfssatz 1. 1 und
2 mögen in derselben Klasse nach K liegen,
1 mag zur
Subst[itution]
gehören. Man nehme an, dass man einen Kreiskörper K' finden
kann mit folgenden Eigenschaften.
Behauptung: auch 2 gehört in K zu
.
Beweis: Im komponierten Körper KK' gehört 1 zu
'. Nun ist KK'
Klassenkörper für den Durchschnitt, also für diejenige Klassenteilung die durch
„überschneiden“ der für K mit der für K' hervorgeht. Da
1 und
2 sowohl für K
als auch für K' in derselben Klasse liegen, liegen sie auch in derselben Idealklasse
für KK', haben also in KK' und auch in jedem Unterkörper von KK' beide
dieselben Zerlegungsgesetze.
Nun sei K0 derjenige Unterkörper von KK', der zu der vom Element
(') erzeugten cyklischen Untergruppe
: (
')
gehört.
1 gehört in
KK' 28
zu
' und dies liegt in
. Also zerfällt
1 in K0 in lauter Pr[im]id[eale] ersten
Grades.
2 hat die gleichen Zerlegungsgesetze wie
1, also zerfällt auch
2 in K0
in lauter Pr[im]id[eale] ersten Grades. Nach einem vorhin bewiesenen Satz gehört
also
2 in KK' zu einer Substitution aus
, etwa zu (
')
. Da alles Abelsch ist,
kann man schreiben
'
. Nach einem anderen vorhin gezeigten Satz gehört
also
2 in K' zu
'
. Wir hatten über K' angenommen (in K' gilt das
Rez[iprozitäts]ges[etz]), dass
2 in K' zu
' gehört. Also muss
1 (mod g), erst
recht also
1 (mod f) sein. In KK' gehört also
2 zu
' und folglich in K zu
. q.e.d.
Es folgt ein Hilfssatz, dessen Formulierung ganz im Körper der rationalen Zahlen verläuft.
Hilfssatz 2. Es sei f eine vorgegebene natürliche Zahl und p1 und p2 zwei
gleiche oder verschiedene Primzahlen > 0. Es gibt unendlich viele Primzahlen q
von der Art, dass ein f-ter Potenzrest modq in R ist, und dass für kein
: 1 <
< f - 1 eine Potenz p1
ein f-ter Potenzrest ist. In einigen Fällen heisst
es statt f-ter Potenzrest überall 2f-ter Potenzrest, wogegen immer nur
1 <
< f - 1 gefordert wird.
Beweis: 1.) Für f = 1 kann q irgend eine von p1 und p2 verschiedene Primzahl sein.
2.) f > 1. Es bedeute eine primitive f-te Einheitswurzel. Ist f gerade und
eine der Primzahlen p1 und p2 Teiler von f, so soll
eine primitive 2f-te
Einh[eits]wurz[el] sein. Wir setzen k1 = R
, bezw. k1 = R
je
nachdem, welcher der eben erwähnten Fälle da ist. Ist d ein Primteiler von f, so
ist
nur dann in k1 enthalten, wenn p1 = (
)
0d ist, wo
0 eine Zahl aus
k0 = R(
) bedeutet. Also muss
eine Zahl aus k0 sein also R
als
Unterkörper von k0 Abelsch, insbesondere galois’sch. Das geht nur für d = 2 und
auch dann nur, wenn p1 oder p2 ein Teiler von f ist. Auf jeden Fall ist
also:
Nach Klassenkörpertheorie gibt es in k1 unendlich viele Primideale vom
absolut ersten Grad, die in k2 unzerlegt bleiben. Ist q die Primzahl in der
aufgeht, so ist kein p1
f-ter (bezw. 2f-ter) Potenzrest modq wie man sofort
sieht, da
auch in keinem Zwischenkörper k1(
) zerfällt. Nun ist
vom ersten
Grad in k1. Also zerfällt q, da k1 galois’sch ist, in k1 in lauter Primideale ersten
Grades, und das ist sicher auch im Unterkörper R
bezw. R
der
Fall. Das heisst aber, dass
ein f-ter bezw. 2f-ter Potenzrest modq
ist.
Ich bin gern bereit, eventuell diesen Beweis ausführlicher zu schreiben, wenn er Ihnen zu kurz ist. Da Sie aber ja doch in der Theorie ganz zuhause sind, wird das wohl genügen.
Hilfssatz 3. Ist f, p1 und p2 vorgegeben, so gibt es unendlich viele q mit der
Art, dass die Gruppe der Primreste modq eine Untergruppe hat mit der
Eigenschaft: Teilt man in Klassen mit
als Hauptklasse, so liegen p1 und p2
in derselben Nebengruppe und die Ordnung dieser Klasse ist durch f
teilbar.
Beweis: Es bedeute q eine Primzahl von Hilfssatz 2. Man wähle = Gruppe
der f-ten Potenzreste mod
.
Satz 1. Ist K ein beliebiger relativ Abelscher Körper über k, so sind alle
Primideale derselben Klasse nach K ein und derselben Substitution
zugeordnet.
Beweis: 1.) 1 und
2 seien zwei Primideale ersten Grades derselben Klasse
nach K. Man setze N
1 = p1 und N
2 = p2 und bestimme q nach Hilfssatz 3 so,
dass der zu dieser Klasseneinteilung der Idealnormen gehörige relative
Kreiskörper K' fremd zu K ist. Dann genügt K' den Voraussetzungen von
Hilfssatz 1 und
1 und
2 sind der gleichen Subst[itution] zugeordnet. (f = Grad
von
, wo
zu
1 gehört.)
2.) sei beliebig, p die Primzahl durch die
teilbar ist, N
= pa. Es gehöre
zu
und
habe Grad f. Man wende Hilfssatz 3 an auf p1 = p2 = p wobei aber f
ersetzt werde durch af. Dann liegt pa in einer Nebengruppe mit durch f teilbarer
Ordnung. Sei wieder K' der zugehörige zu K fremde Klassenkörper.
liegt in
einer gewissen Idealklasse nach KK'. In dieser gibt es ein Primideal
1 vom
ersten Grade.
1 liegt dann mit
sowohl in derselben Klasse nach K als
auch in derselben nach K' und man kann Hilfssatz 1 anwenden. Allen
Primidealen derselben Klasse ist also wegen 1 die gleiche Substitution
zugeordnet.
Wir sagen also, der Idealklasse sei
zugeordnet. Dass verschiedenen
Idealklassen verschiedene
entsprechen, wird sich erst am Schluss von allein
ergeben. Zunächst zeigen wir:
Satz 2. Es gehöre 1 zu
1 und
2 zu
2 (
1 und
2 Idealklassen nach K).
Dann gehört
1
2 zu
1
2.
Beweis: f1 und f2 seien die Grade von 1 und
2. Es gibt unendlich viele
Primzahlen q1
1 (mod f1) und q2
1 (mod f2). Wähle m = q1q2 so, dass der
Körper R(
) (
= e
) fremd ist zu k und zu K. Dann [hat] k(
) Relativgrad
(m), [ist also] Klassenkörper für
(m) Restklassen der Idealnormen, also gibt es
in jeder Restklasse modulo m Idealnormen. Sei K' = k(
). Dann hat, wenn h der
Rel[ativ]grad von K ist, KK' den Rel[ativ]grad h .
(m). Also zerfällt jede
Restklasse in h weitere Klassen, wenn man die Klassen für K mit denen für K'
überschneidet. In jeder Restklasse modm liegen also Idealnormen jeder
Klasse.
Sei nun 1 primitive Kongruenzwurzel modq1 und
1
1 (mod q2). Analog
2. Dann erzeugen
1 und
2 die Restgruppe modm.
Man wähle aus 1 ein Pr[im]id[eal]
1 das zu
1 gehört (also N
1
1(m))
und aus
2 eines das zu
2 gehört. Endlich aus
1
2 ein Primideal
3 das zu
1
2
gehört.
Die Substitutionen von K' können wir wieder wie die Restklassen bezeichnen.
In KK' betrachten wir den Unterkörper K0 der zur Untergruppe gehört die von
1
1 und von
2
2 erzeugt wird: (
1
1)
(
2
2)
. Es gehört in KK' unser
1 zu
1
1 und
2 zu
2
2, zerfällt also in K0 in Pr[im]id[eale] ersten Grades. Die
Klassen nach KK' in denen
1 und
2 liegen, gehören also zu demjenigen Strahl,
nach dem K0 Klassenkörper ist. Nach Konstruktion von
3 gehört
3 also
auch dazu, zerfällt also in K0 in Primid[eale] ersten Gr[ades]. Folglich
gehört
3 in KK' etwa zu (
1
1)
(
2
2)
=
1
2
.
1
2
. In K' also zu
1
2
. Da es aber in K' zu
1
2 gehört und diese
1,
2 Basiselemente
für die Restgruppe nach m sind, muss
1 (mod q1 - 1) und
1
(mod q2 - 1) sein. Wegen q1
1 (mod f1) und q2
1 (mod f2) also
erst recht
1 (mod f1),
1 (mod f2). Nun gehört
3 in K zu
1
2
, also zu
1
2. Es lag
3 in
1
2, wegen Satz 1 gehört also
1
2 zu
1
2.
q.e.d.
Satz 3. Gehört 1 und
2 zu
, so ist
1 =
2.
Beweis: 1.) Gehört 2-1 zu
, so gehört nach Satz 2 die Klasse
2
2-1 = 1
zu
. Nun zerfallen aber die Primideale der Hauptklasse und nur diese in
Pr[im]id[eale] ersten Grades von K, also ist
= 1,
=
-1.
2.) 1 .
2-1 gehört zu
.
-1 = 1, ist also nach dem in 1) gesagten die
Hauptklasse.
Damit ist die volle Isomorphie bewiesen.
Nun spezialisiere ich:
Sei k ein Körper, der die m-ten E[inheits]w[urzeln] enthalte (m völlig
beliebig).
Man betrachte K = k(). (Es kann angenommen werden dass dies keine
kleinere Wurzel schon tut.)
K sei Klassenkörper für [eine] gewisse Klassenteilung. Ist zugeordnet dem
,
so muss für alle A, insbesondere also für A =
gelten:
Kommentare zum Brief Nr.9: