22.3 Hasses Verallgemeinerung

Wenn Artin gegenüber Hasse von dem „von Ihnen erhaltenen Ergebnis“ spricht, so kann es sich wohl nicht um den Scholzschen Satz handeln, den wir in 20.1.3 für imaginär-quadratische Grundkörper formulierten. Denn jener Satz stammt ja von Arnold Scholz, was Hasse auch an Artin geschrieben hatte.

Nach Lage der Dinge wird es sich um die von Hasse gefundene Verallgemeinerung des Scholzschen Satzes handeln. Hasse hat nämlich bemerkt, dass der Satz von Scholz nicht nur für Primzahlgrad l gilt, sondern auch für Primzahlpotenzgrad ln. Dabei ist allerdings l > 2 vorauszusetzen, was zwar im Scholzschen Brief nicht erwähnt wird, jedoch schon im Artinschen Brief Nr.21 vom 18.11.1928 moniert wird. Hasse hat diesen verallgemeinerten Satz später in seinen Klassenkörperbericht II [Has30a] aufgenommen. (Dabei erwähnt er ausdrücklich, dass der Satz für n = 1 von Scholz stammt.)

Es ist wahrscheinlich, dass Hasse diese Verallgemeinerung Artin mitgeteilt hatte in dem Brief, auf den Artin nun in dem vorliegenden Brief Nr.22 antwortet. Denn Hasse hatte die Verallgemeinerung schon Ende 1928 erhalten, was in Evidenz gesetzt wird durch eine Tagebucheintragung von Hasse, datiert im „Dezember 1928“. Diese Eintragung trägt den Titel: „Zur Hauptidealisierung in Unterkörpern des l-Klassenkörpers bei imaginär-quadratischem Grundkörper.“ Hasse gibt dort einen ausführlichen Beweis seiner Verallgemeinerung des Scholzschen Satzes. Die Darstellung ist genau so wie Hasse es später in den Klassenkörperbericht II übernommen hat.

Somit wird wohl Artin diese Verallgemeinerung gemeint haben, wenn er von dem „von Ihnen erhaltenen Ergebnis“ spricht. Auch im nächsten Brief Nr.23 spricht Artin zu Hasse von „Ihrem Satz“.

Der Satz steht in engem Zusammenhang mit der späteren Theorie der sog. Geschlechterkörper von Hasse und Leopoldt. Hierzu siehe [Fre79].