Finanzierungsmöglichkeiten des Rechnungszinses im Niedrigzinsumfeld

- 2015 -

Im Rahmen des derzeit niedrigen Zinsumfelds wird es zunehmend schwerer, die garantierten Zinsen zu erwirtschaften. Besonders betroffen ist dabei die Rentenversicherung, da diese Verträge eine vergleichsweise lange Laufzeit haben. Durch das sog. "Lebensversicherungsreformgesetz" ist es nun möglich, etwaige Unterzinsen (d.h. die garantierte Verzinsung wird nicht mehr durch die angelegten Gelder erwirtschaftet) durch Sterbewahrscheinlichkeitsgewinne zu finanzieren.

Dies ist insbesondere dann möglich, wenn die Sterbetafeln der Deutschen Aktuarvereinigung bei der Tarifkalkulation genutzt wurden. Diese Sterbetafeln (DAV 2004 R) enthalten (vergleichsweise hohe) Sicherheiten, d.h. sie unterstellen dem Versicherungskunden eine (deutlich) höhere Lebenserwartung als in der Regel zu erwarten wäre. Hierdurch entstehen einer Versicherung systematisch Überschüsse, die i.d.R. zu einem großen Teil an die Versicherten in Form einer Leistungserhöhung weitergegeben werden.

Wie bereits erwähnt, können seit dem Lebensversicherungsreformgesetz die Gewinne, welche wg. der angesetzten Sterbewahrscheinlichkeit entstehen, für die Finanzierung von Zinsverlusten (anstatt für die Überschussbeteiligung) herangezogen werden.

Die Frage ist nun, wie viele Verluste kann eine solide Sterbetafel wettmachen? Welchen (indirekten) Beitrag haben die Aktuare mit der Einführung der Sterbetafel DAV 2004 R zur Vorbeugung gegen das Niedrigzinsumfeld geleistet?

Die Rechnung

Betrachtet werden im Folgenden lediglich n gleichaltrige Leistungsempfänger von Rentenversicherungen. Diese Rentenversicherungen haben einen Garantiezins i. Dieser Parameter kann unten individuell festgelegt werden. Sterben die Leistungsempfänger häufiger als geplant, braucht die Versicherung nur noch einen geringeren Zins, i' zu erwirtschaften:

Ausgangslage zum Jahresanfang

Für jeden der n Leistungsempfänger des Alters x mit einer jährlichen Rente in Höhe von R € muss am Anfang eines Jahres eine Deckungsrückstellung DRx gestellt werden. Das bedeutet, dass zu diesem Zeitpunkt für jeden dieser Leistungsempfänger DRx € Kapital vorhanden sein muss, insgesamt also n DRx €.

Zwischendurch

Im Verlauf des Jahres werden n Jahresrenten in Höhe von R € ausbezahlt, also dem Kapital entnommen. Es sterben lt. Tarifkalkulation ein Anteil in Höhe von qx Personen; diesen Wert qx entnimmt man den Sterbetafeln DAV 2004 R. Wenn Sicherheiten in der Kalkulation vorhanden sind, stirbt jedoch tatsächlich ein Anteil von qx' Personen. Hierbei ist qx kleiner als qx'.

Lage zum Jahresende

Nach Ablauf des Jahres muss für jede übrig gebliebene Person Kapital in Höhe von DRx+1 bereitgestellt werden, insgesamt also n (1-qx') DRx+1 €. Diesen Betrag vergleicht man mit dem zu Jahresanfang vorhandenen Kapital abzüglich der ausbezahlten Renten: n (DRx - R).

(1+i') n (DRx - R) = n (1-qx') DRx+1

Wenn tatsächlich mehr Leistungsempfänger gestorben sind, sind Sterblichkeitsgewinne entstanden und die Verzinsung des Kapitals auf der linken Seite muss nicht so hoch sein, wie der Rechnungszins es vorgibt. Stattdessen reicht dann ein geringerer Zins, i' aus, um die voraussichtlichen Rentenzahlungen leisten zu können. Nach diesem Zins kann die Gleichung dann aufgelöst werden - hierbei spielen weder die Anzahl der Versicherten n noch die Rente R eine Rolle, da sich diese Größen herauskürzen. Die Differenz von i' zum eigentlichen Rechnungszins i entspricht dann dem Unterzins, welchen man mit der Sterbetafel finanzieren kann.

Für die Richtigkeit der Rechnungen übernehme ich weder Haftung noch sonstige Gewähr.

Allgemeine Angaben



Weitere Angaben der Tarifkalkulation




Weitere Angaben zum tatsächlichen Sterbeverhalten



Erläuterungen

  • Der Zins ist auf 1,25 % voreingestellt. Dies ist der ab dem 1. Januar 2015 vorgeschriebene Höchstrechnungszins gemäß DeckRV. Es ist sehr unüblich, dass dieser Zins bei der Tarifkalkulation unterschritten wird. Alte Tarife durften - abhängig vom Datum des Vertragsabschluss - höhere Zinsen (bis zu 4 %) verwenden.
  • Die genutzten Sterbetafeln sind die der Deutschen Aktuarvereinigung von 2004 (DAV 2004R, Aggregat- und Selektionstafeln) für die Sterbetafeln der Tarifkalkulation. Diese gehören zu den modernsten Rentensterbetafeln, die im dt. Privatversicherungswesen (v.a. in der Lebensversicherung) zum Einsatz kommen. Große Unternehmen verfügen oft über ausreichend große Kollektive, so daß sie eigene Sterbetafeln konstruieren und nutzen können. Um diese nachzubilden, wurde der Sterblichkeitsmodifikator eingeführt. Mit diesem kann die Sterbetafel geändert werden. Am besten stellt man den Sterblichkeitsmodifikator so ein, dass die Lebenserwartung, die das Programm angibt mit derjenigen übereinstimmt, welche das Versicherungsprodukt angibt. Ist der Sterblichkeitsmodifikator auf den Wert 1 eingestellt, rechnet das Programm mit den Originalsterbetafeln der Deutschen Aktuarvereinigung.
  • Für die tatsächlichen Sterbewahrscheinlichkeiten stehen darüber hinaus noch die Sterbetafeln des Statistischen Bundesamt zur Verfügung.
  • Seit dem Test-Achat-Urteil im Jahr 2011 ist es verboten, geschlechtsabhängige Tarife anzubieten. Daher gehen viele Unternehmen dazu über, die Sterbewahrscheinlichkeiten von Männern und Frauen bei der Tarifkalkulation zu mischen. Aus diesem Grund kann auch hier für beide Sterbetafeln - der rechnerischen und der tatsächlichen Sterbewahrscheinlichkeit - ein Mischungsverhältnis angegeben werden. Geschlechtsabhängige Tarife erhält man, indem man den Schieberegler an einen seiner Endpunkte verschiebt.
  • Mit dem Sterblichkeitsmodifikator werden alle Sterbewahrscheinlichkeiten multipliziert. Somit ist es möglich, von der DAV 2004R oder der Tafel des Statistischen Bundesamts abweichende Sterbetafeln zu erzeugen und evtl. vorhandene unternehmensindividuelle Sterbetafeln zu approximieren.


Ausgabe

Lebenserwartung gemäß DAV-Tafel Lebenserwartung gemäß 2. Tafel Finanzierbarer Unterzins Über-/Untersterblichkeit in %
70
75
80
85
90
95
100

Hinweis

  • Wie bereits oben erwähnt, übernehme ich für die Richtigkeit der Rechnungen weder Haftung noch sonstige Gewähr.
  • Die Lebenserwartungen der Tafeln des Statistischen Bundesamts sind eigene Rechnungen anhand der Tafeln selbst. Sie weichen von denen ab, welche das Statistische Bundesamt selbst angibt, da methodisch anders vorgegangen wird. Im Alter von 101 wurde eine Sterbewahrscheinlichkeit von 1 angenommen.